Brauerei Müller, Peter - Geschichte
Zum Römer, Zum Römischen Kaiser
Standort: Karlsruhe Status: geschlossen Stand: 19.12.2023
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  Der Bierbrauer Peter Matthäus Müller zählt zu den herausragendsten Persönlichkeiten der Karlsruher Brauereiszene des 19. Jahrhunderts. Obwohl er als Fachschriftsteller auch über die Region hinaus Bekanntheit erlangte, geriet er selbst in Karlsruhe, seiner einstigen Wirkungsstätte, später in Vergessenheit.

Peter Müller wurde im Jahre 1810 in Heidelberg als jüngster Sohn des Gastwirts "Zum Riesenstein", Johann Gottlieb Müller, geboren. Er wuchs in wohlhabenden Verhältnissen auf und erwarb schon bald nach seiner Bierbrauerlehre das Palais Eichthal in Leimen (das spätere Rathaus), um dort eine eigene Gasthausbrauerei einzurichten. Im Jahre 1839 gab Müller diesen Betrieb jedoch wieder auf und zog nach Karlsruhe. Während er das Palais Eichthal 1841 an die Stadt Leimen verkaufte, erwarb er in Karlsruhe das Haus in der Zähringerstraße 68 (heute Nr. 104), wo er die Gaststätte Zum Römer mit Bierbrauerei eröffnete. Etwa um diese Zeit heiratete er Barbara Clever aus Hockenheim, deren Bruder Georg Clever er später ebenfalls zur Niederlassung als Bierbrauer in Karlsruhe verhalf.

Peter Müller engagierte sich stark in der Karlsruher Bierbrauer- und Küferzunft und hatte dort zweimal das Amt des Obermeisters inne. Er und sein Schwager Georg Clever waren 1844 die ersten, die gemeinsam einen Bierkeller vor den Toren der Stadt anlegten. Zu dieser Zeit lagerten die übrigen Karlsruher Brauereien ihr Bier meist noch in Felsenkellern am Durlacher Turmberg. Der neue Bierkeller von Müller und Clever lag an der Mühlburger Landstraße (der heutigen Kaiserallee). Ein 1845 an die Behörden gestellter Antrag, dort auch eine Gartenwirtschaft einzurichten, wurde abgelehnt. Erst nach einem erneuten Versuch konnten Müller und Clever im Sommer 1848 das Gartenlokal an ihrem Bierkeller (nahe des heutigen Kaisergarten) doch noch eröffnen.

Der Ausbruch der Badischen Revolution 1848 brachte für Peter Müller eine schicksalhafte Wende. Am 29. Februar dieses Jahres wurden er und Georg Clever vorübergehend verhaftet, da sie mit Revolutionsaktivisten sympatisierten, die kurz zuvor das Karlsruher Zeughaus gestürmt hatten. Obwohl Müller selbst sich nicht aktiv beteiligte, galt seine Gastwirtschaft Zum Römischen Kaiser, im Volksmund auch "Beim Affenmüller" genannt, in diesen Jahren als ein Hauptquartier der Freischärler. Kurz vor dem Einmarsch der preußischen Truppen am 15. Juni 1849 floh Müller daher sicherheitshalber vorübergehend aus der Stadt nach Straßburg. Anschließend hielt er sich vorübergehend in Metz auf, dann in Bern und zuletzt in Lauterburg. Seine Flucht wurde Peter Müller zum Verhängnis, denn er hatte zuvor zur Finanzierung einer neuen Malzdarre hohe Kredite aufgenommen, welche die Gläubiger von dem Flüchtigen nun gerichtlich sofort zurückforderten. Da Müller innerhalb der juristischen Fristen darauf nicht reagieren konnte, wurde 1850 die Zwangsvollstreckung bekanntgegeben. 1851 wurden daraufhin sein Haus und sein gesamter Besitz zwangsversteigert.

Müller kehrte 1850 nach Karlsruhe zurück, um sich den Behörden zu stellen. Dort wurde er jedoch sogleich verhaftet. Noch im selben Jahr wurde ihm das Staatsbürgerrecht aberkannt. Das Hofgericht Bruchsal befand ihn am 2. Juni 1850 der Teilnahme an den hochverrätherischen Unternehmungen vom Mai und Juni 1849 für schuldig und verurteilte ihn zu einer 3jährigen Zuchthausstrafe in Einzelhaft. Das Urteil wurde am 31. Juli 1851 vom Oberhofgericht bestätigt. 2 Monate später wurde Peter Müller in die Strafanstalt nach Bruchsal überführt. Während er im Gefängnis einsaß, lebten seine Frau Barbara und seine sieben Kinder in Karlsruhe von einer geringen Unterstützung der Stadt in ärmlichsten Verhältnissen. Trotz zunehmender Verwahrlosung und ärztlich bescheinigter ernster Erkrankung von Frau und Kindern wurden insgesamt 11 Gnadengesuche sowohl des Gemeinderats als auch der Familie Müller von Behörden und sogar dem Prinzregenten Friedrich abgelehnt.

Unterdessen hatte Peter Müller damit begonnen, ein Buch zu schreiben, das er während seiner Haftzeit fertigstellte. Dieses für die damalige Zeit einmalige "Handbuch für Bierbrauer" beschreibt insbesondere in detaillierter Form die verschiedenen traditionellen und neuen badischen Brauverfahren in der Mitte des 19. Jahrhunderts. Er schildert auch die dabei wirkenden chemischen Prozesse in einer für jeden verständlichen Weise und widmet außerdem ein ganzes Kapitel den technischen Einrichtungen der Brauerei. Müller schöpft dabei aus seiner 25jährigen Berufserfahrung und den Erkenntnissen zahlreicher unternommener Reisen und eigener Studien. Müllers Absicht, für seine Familie durch die Veröffentlichung des Buches die notwendigen Mittel zu einer Auswanderung nach Amerika aufzutreiben, wurde durch die Behörden rigoros blockiert. Andererseits verweigerte man ihm die Ausreise mit eben der Begründung, dass er nicht die notwendigen Mittel dazu aufbringen könne. Daher musste Müller seine Haftstrafe bis zum Jahre 1853 absitzen, um anschließend in Karlsruhe mittellos und ohne eine Anstellung mit seiner Familie ein ärmliches Dasein zu fristen. Erst 1854 gelang ihm schließlich die Veröffentlichung seines Handbuchs für Bierbrauer über den Verlag Vieweg & Sohn in Braunschweig.

Dieses Werk hatte einen nicht unbedeutenden Einfluss auf die damalige Entwicklung der Brauereitechnik im Großherzogtum Baden und auch andernorts, da viele Bierbrauer Müllers Empfehlungen zur Verbesserung der Bierqualität und der Haltbarkeit folgten. Peter Müller war in Karlsruhe nicht nur der erste, der als Bierbrauer einen Gärkeller vor der Stadt angelegt hatte, sondern lieferte hierzu in seinem Buch auch die zugrundeliegende Theorie zu einem neuen Brauverfahren, das eine langsame Nachgärung bei gleichmäßiger Temperatur vorsah. Eine kühle Lagerung in solchen Bierkellern war bei diesem Brauverfahren und richtiger Handhabung über den ganzen Sommer möglich. Alle Karlsruher Bierbrauer, die die Mittel dazu aufbringen konnten, folgten ab Mitte der 1850er Jahre Müllers Beispiel.

Müller selbst verließ Karlsruhe um etwa 1856, leitete zeitweise eine Brauerei in Dresden und half später in Brauereien in Belgien, Frankreich und der Schweiz aus, die er bei der Inbetriebnahme und Einrichtung, sowie der Einführung des bayerisches Brauverfahrens unterstützte. In Frankreich veröffentlichte Müller 1862 eine französische Ausgabe seines Handbuches mit dem Titel "Manuel du Brasseur". Eine zweite deutsche Auflage gab er 1869 in Auftrag und siedelte anschließend von Dünkirchen nach Paris über. Von dort wurde er bei Ausbruch des Deutsch-Französischen Krieges 1870 ausgewiesen und kehrte vorrübergehend zu seinem Schwager Georg Clever nach Karlsruhe zurück. Im Jahre 1880 lebte er bereits in Schiltigheim bei Straßburg und war auch dort wieder als Ratgeber bei der Neuanlage von Brauereien tätig. Er starb in Schiltigheim am 8. Februar 1883 im Alter von 73 Jahren.

Fortsetzung siehe Brauerei Köllenberger